EPOS steht für Enterprise Production Planning and Optimization System. Es ist ein System zur Integration der Simulation in die Geschäftsprozesse der Produktionsplanung (Integrierte Simulation). Im Folgenden sollen die Online-Indexblätter, eine Anwendung zur Unterstützung der verteilten Parametereingabe, vorgestellt werden.
Eine veränderliche Produktion erfordert eine einfache und schnelle Erfassung der zur Simulation benötigten Parameter. Eine papierbasierte Erfassung ist aufgrund der großen Datenmenge für komplexere Produktionslinien und der ständigen Veränderungen des Umfelds nicht effizient durchführbar. Um weitere Nachteile herkömmlicher Datenerfassungs-methoden wie hohe Redundanz, hoher manueller Aufwand und die sich daraus ergebenden Inkonsistenzen zu vermeiden, wurden die sog. Online-Indexblätter im EPOS-Projekt realisiert.
Grundsätzlich bestehen die Online-Indexblätter aus der EPOS-Datenbank mit einem speziellen Client-Zugriff. Dieser Zugriff wird durch in Lotus-Notes eingebettete Java-Applets realisiert. Dadurch wird die Software-Verteilung erheblich vereinfacht: Ein Notes-Client oder auch nur ein WWW-Browser reichen zum Starten des Applets aus. Die Installation der üblichen ODBC-Client Software entfällt vollständig. Im Falle von Erweiterungen oder Korrekturen genügt es, die aktuelle Version des Applets auf dem Notes-Server zur Verfügung zu stellen.
Die zentralen Objekte der Online-Indexblätter sind die Arbeitsstationen. Für jede Arbeitsstation exisitert ein Indexblatt, das in vier Abschnitte (Maintenance, Manufacturing, Engineering und Staffing) eingeteilt ist. Für jeden dieser Abschnitte lassen sich vom Administrator einer Produktionslinie mehrere Verantwortliche und deren Vertreter für diese Arbeitsstation eintragen. Die Arbeitsstationen selbst werden innerhalb der Unternehmens-struktur verwaltet, so dass sich Indexblätter für alle Arbeitss-tationen selbst großer Unternehmen leicht und verteilt organisieren lassen. Im Abschnitt Maintenance werden Informationen über die Verteilung der Ausfallzeiten der Arbeitsstationen verwaltet. Weiterhin wird der durchschnittliche zeitliche Aufwand für die vorbeugende Instandhaltung erfasst. Der Abschnitt Manufacturing enthält Angaben über Pausen und persönliche Verteilzeiten. Im größten Abschnitt Engineering werden technologisch begründete Ausfallzeiten erfasst. Weiterhin wird hier die Zuordnung von Produkten und Arbeitsfolgen zur Arbeitsstation - der Arbeitsplan - vorgenommen. Zusätzlich muss die Anzahl der verfügbaren Maschinen im zeitlichen Verlauf spezifiziert werden.
Dem Anwender der Indexblätter zeigt sich diese Applikation als eine Notes-Datenbank. Abbildung 3 zeigt eine Notes-Ansicht, in der auf der rechten Seite die einzelnen Indexblätter aufgelistet sind. Jedes Indexblatt kann per Mausklick geöffnet werden. Es werden alle Parameter der betreffenden Arbeitsstation in einem einheitlichen Format angezeigt. Der Status der Eingabe wird mit Hilfe von Piktogrammen verdeutlicht. Ein (grüner) Haken bedeutet, dass die Eingabe abgeschlossen ist. Ein (rotes) Kreuz signalisiert, dass noch nicht alle Parameter spezifiziert worden sind. Durch die Integration der Indexblätter in das Groupware-System Lotus-Notes können die umfangreichen Sicherheits-mechanismen genutzt werden, die es u.a. erlauben, Dokumente mit elektronischen Unterschriften zu versehen. Auch die Indexblatt-Anwendung nutzt diese Möglichkeit. So wird in einem festgelegten Turnus zunächst der Status aller Indexblätter einer Produktionslinie auf unbearbeitet (rotes Kreuz) gesetzt. Die jeweiligen Verantwortlichen kontrollieren nun mit Hilfe des Eingabe-Applets (siehe Abbildung 4) die Daten und setzen den Status auf complete and correct (grüner Haken). Sind alle drei Bereiche Maintenance, Manufacturing und Engineering vollständig spezifiziert worden, können die für den jeweiligen Bereich verantwortlichen Führungskräfte das Indexblatt per Knopfdruck elektronisch unterschreiben. Am Ende eines jeden Turnus werden die unterschriebenen Indexblätter per Maus-Klick vom Linien-Administrator zur Dokumentation archiviert. Da Änderungen der Parameter jederzeit möglich sind, werden die Unters chriften nach einem vollständigen Turnus sukzessive durch jede Änderung wieder zurückgenommen.
Zur Dateneingabe wird das in Lotus-Notes integrierte Java-Applet geöffnet (s.u.). Das Applet erhält von Notes alle zur Identifikation benötigten Informationen und lädt genau die Indexblätter, die vom Administrator einer Produktionslinie dem aktuellen Anwender zugewiesen worden sind. Dabei entfällt die explizite Eingabe eines Passworts, da der Benutzer bereits durch Lotus-Notes authentifiziert worden ist. Nach der Initialisierung des Applets, kann der Anwender in einem Applikationsfenster die Parameter der ihm zugewiesenen Arbeitsstationen editieren. Das Fenster enthält auf der linken Seite eine Baumstruktur mit den Arbeitsstationen und auf der rechten Seite die Parameter sowie ein Foto der jeweiligen Arbeitsstation. Die Eingaben werden direkt per JDBC in die EPOS-Datenbank geschrieben.
Die Erfassung von Simulationsparametern macht in der Praxis einen großen Anteil an der Arbeit zur Erstellung eines Simulationsmodells aus. Weiterhin sind bei der Erstellung von Modellen meist mehrere Personen in unterschiedlichen Rollen beteiligt, wodurch das Problem entsteht, in welcher Art und Weise die benötigten Informationen zwischen den beteiligten Personen kommuniziert werden sollen. Die verteilte Eingabe koordiniert diesen Kommunikationsprozess, indem sie ermöglicht, die Parameter der Arbeitsstationen direkt an der Quelle der Information, den für eine Arbeitsstation verantwortlichen Personen zu erfassen. Da die Parameter in der Datenbank verwaltet werden, lassen sich umfangreiche Konsistenz- und Plausibilitätsprüfungen durchführen. So werden bereits bei der Eingabe in das Indexblatt sehr viele möglichen Falscheingaben abgefangen. Weiterhin existiert in der Notes-Datenbank die Ansicht Problems/Warnings, die Indexblätter mit unrealistischen Parametern auflistet und somit auf die möglichen Probleme hi nweist. Eine Statistik erfasst außerdem, welche Arbeitsstationen und Arbeitsfolgen bereits bearbeitet worden sind und welche noch ausstehen.
Die Online-Indexblätter werden seit Anfang 1999 in der IBM Deutschland Speichersysteme GmbH im Rahmen des EPOS-Projekts eingesetzt. Bisher wurden ca. 200 Maschinenverantwortliche in das System eingebunden. Mit den Parametern der Indexblätter werden derzeit alle Produktionslinien der Schreib-/ Lesekopf-Herstellung in Mainz und Ungarn mit Methoden der analytischen Leistungsbewertung simuliert.